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DAS AUTORENINTERVIEW im Dezember
... mit Thomas R.P. Mielke
Grosse-Literatur: Bitte erzählen Sie ein bisschen von sich.
T.R.P. Mielke: Ich schreibe jetzt seit einem halben Jahrhundert: hauptberuflich möglichst knapp und auf den Punkt als Werbe- und PR-Mann - und zum Ausgleich dann Romane. Das alles war nie Absicht oder ein Karriereplan, aber mir gefällt’s noch immer jeden Tag.
Grosse-Literatur: Wie kamen Sie zum Schreiben und wie war der Weg bis zum Autor?
T.R.P. Mielke: Wie viele andere Jungen meiner Generation habe ich mit dem „Neuen Universum“ zu lesen begonnen. Diese Jahrbücher waren eine dickleibige und großformatige Mischung aus Technik und Abenteuer à la Indiana Jones, experimenteller Wissenschaft und Science fiction - und meiner Lieblingsrubrik „Manigfaltiges“. Ganz automatisch denkt man sich dann auch ähnliche Geschichten aus. Als ich etwa mit 14 mein erstes Schulheft voll hatte, keimte der Wunsch auf, auch mal eine Geschichte so zu schreiben, dass sie gedruckt wird. Es war die Zeit vor dem ersten Sputnik. Was also lag näher als Träume von Weltraumfahrten. Ich schrieb dann mehrere kleine Geschichten für Fanzines und mit 18/19 - einen Zukunftsroman. Der war grauenhaft, wurde aber irgendwo im Sauerland tatsächlich als Buch gedruckt.
Grosse-Literatur: Wie lange hat es gedauert Ihren ersten Roman zu schreiben?
T.R.P. Mielke: Das weiß ich nicht mehr. Mein (späterer) persönlicher Rekord für einen Science fiction-Heftroman mit 240.000 Anschlägen waren 25 Stunden auf einer Reiseschreibmaschine. Ich habe aber auch diktiert und abschreiben lassen - immer abends nach einem langen Tag in einer der Werbeagenturen, in denen ich als Texter gearbeitet habe. Da brauchte ich dann 5 Abende für eine Roman. Mein längster und mehrfach umgeschriebener und lektorierter Roman war die Romanbiografie über den Hunnenkönig Attila. Die hat einschließlich diverser Reisen zu den Schauplätzen in Ungarn, Italien und Frankreich und viel Recherchenarbeit in Bibliotheken insgesamt vier Jahre gedauert.
Grosse-Literatur: In den 80er Jahren machten Sie vor allem durch Ihre Science-Fiction-Romane von sich reden. Später haben Sie sich dann erfolgreich dem historischen Genre zugewandt und auch hier ein breites Publikum begeistert. Wie kamen Sie zum historischen Roman?
T.R.P. Mielke: Ganz einfach: Science fiction, zu der ich immer noch ein leicht wehmütige Erinnerung wie an die schöneren Zeiten der Pubertät habe, wurde nach den Mondlandungen und dem Aufkommen der Fantasy-Märchen Anfang der Siebziger Jahre langweilig für mich. Ich habe mit Kollegen dann noch einmal versucht, eine Art grüne Flower-Power-SF zu starten. Wir mussten einsehen, dass es draußen im Weltraum eigentlich nichts Neues und noch nicht mal Fremdes gab - nichts, was in unseren eigenen Alpträumen, unserer Mythologie und in den Götter-, Helden und Liebesdramen der Vergangenheit nicht x-mal durchgespielt und erzählt worden war. Selbst Raumschiffe und Außerirdische kommen ja bereits in den Frühkulturen der Menschheit und in der Bibel vor. Was also lag näher für mich als SF-Autor, mal nachzusehen, was sich bei uns bereits abgespielt hatte. Ohne mühsam erfundene galaktohistorische Kriege oder detaillierte Beschreibungen von fünfhunderttausend Schrauben an irgendwelchen Raumschiffen, von denen wahrscheinlich kein einziges geflogen wäre.
Grosse-Literatur: Gibt es ein Projekt oder eine Figur, das bzw. die Ihnen besonders am Herzen liegt?
T.R.P. Mielke: Mir reichen Gilgamesch, Karl Martell, Karl der Große, Attila, die Päpste in Avignon, Jacob Fugger und gerade jetzt Quinctilius Varus. Es gibt inzwischen kaum noch einen Namen der Vergangenheit, der nicht schon mehrfach ausgebeutet wurde. Die ganzen Helden können einem schon fast Leid tun. Aber Geschichte hat ohnehin nichts mit Wahrheit zu tun, sondern zumeist mit nachträglich erfundenen und zurechtgebogenen Geschichten.
Grosse-Literatur: Planen Sie irgendwann einen Ausflug in ein ganz anderes Genre?
T.R.P. Mielke: Ich würde gern wieder schlichte Action-Krimis nach guter alter Art und mit ganz wenigen Personen schreiben. Das habe ich (unter verschiedenen Pseudonymen) eigentlich sehr gern gemacht.
Grosse-Literatur: Gibt es vielleicht ein neues Projekt über das Sie uns schon ein wenig verraten können?
T.R.P. Mielke: Ich mache im Moment eine Art Bestandaufnahme der maskulinen Träume und Roman-Plots nach der Formel: „Heroe with a Thousand Faces“. Aber so, wie es im Moment aussieht, braucht man nochmals ein halbes Jahrhundert, ehe daraus ein ordentlicher Roman werden könnte.
Grosse-Literatur: Über wen oder was möchten Sie irgendwann einmal schreiben?
T.R.P. Mielke: Eigentlich über alles, wovon ich keine Ahnung habe. Ich bin sehr neugierig und Recherchieren macht unheimlich Spaß. Viel mehr als das Schreiben selbst, denn das kann eine Sisyphosarbeit sein.
Grosse-Literatur: Gibt es Vorbilder, die Sie besonders beeindruckt haben?
T.R.P. Mielke: Wenn es ums Schreiben geht ziemlich viele sogar. Das fängt bei Platon und Homer an und hört bei Karl May und Simmel noch nicht auf. Ich mag einige der großen angloamerikanischen SF-Autoren, die ich in den vergangenen Jahrzehnten persönlich kennen lernen durfte. Aber von den „Kollegen“ ist einer ein ganz bewundertes Vorbild für mich: Ludovico Ariosto. Er war in der Renaissance Lobschreiber für das Fürstenhaus der Estes in Ferrara, Botschafter beim Papst, Gouverneur in der räuberischen Toskana und hat den faszinierendsten Bestseller dieser Zeit geschrieben - Orlando furioso, den (aus Eifersucht) „Rasenden Roland“. Kennt eigentlich bei uns kein Mensch mehr, deshalb habe ich ihn erstmals nach 500 Jahren als Roman aus der gereimten italienischen Form mit 4845 Achtzeilern in deutsche Prosa übersetzt, übertragen, bzw. nacherzählt.
Grosse-Literatur: Was lesen Sie privat am liebsten?
T.R.P. Mielke: Alles zum Thema, das ich gerade recherchiere.
Grosse-Literatur: Das Schriftstellerdasein besteht nun nicht nur aus bloßem Schreiben sondern auch aus Recherche, Lesungen, Interviews und vielem mehr. Gibt es etwas, dass Ihnen neben dem Schreiben besonders Spaß macht?
T.R.P. Mielke: Das müsste aus den bisherigen Antworten schon klar sein.
Grosse-Literatur.de: Wie sieht ein Arbeitstag für Sie aus?
T.R.P. Mielke: Nach dem Aufstehen frische Brötchen bei der türkischen Bäckerin nebenan holen und dann mit meiner Lektorin und Lebensgefährtin Astrid Ann Jabusch (www.annjabusch.de) gemütlich frühstücken. Dabei besprechen wir den Tag und die anstehenden Aufgaben. Sofern kein Sport, Waldspaziergang zum Pilzesuchen oder im Sommer der geliebte Schwimmausflug an unsere einsame Bucht unweit der Havelchaussee anliegt, geht jeder in sein Arbeitszimmer und zeigt dem anderen, was Disziplin ist. Wir sind natürlich häufig zu Lesungen oder Cons unterwegs oder nutzen die Billigflieger, um mal irgendwo etwas nachzusehen. Das aber ist kein Muss, sondern auch eine Ausrede, um vom PC wegzukommen ...
Grosse-Literatur: Vielen, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben.
T.R.P. Mielke: Ich danke ebenfalls, denn durch die Fragen ist mir wieder klar geworden, dass es mir eigentlich ganz gut geht.
Die offizielle Website des Autors:
www.trpm.de |
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