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klassische
autoren - eduard mörike [ 1804 - 1875 ].
Im Freien
An euch noch glaubt ich
Mich trösten zu können,
Meine Sehnsucht - an euch!
Ihr Lüfte, webend über den Wiesen!
Und ich eilte zu euch
Unter die Weiden;
Aber nun wehet ihr,
Und, ich sehe, das stillet mich nicht!
Da ich ohne euch war,
Unter dem Druck der Stadt,
Mahnt’s mich mit einmal an euch,
Wunder-Hoffnung durchzückt’ mich,
Tränen der Wonne schossen vors Auge mir
Bei deinem langvergessenen Namen,
Ruhige, gute Natur!
Und wie ein Knabe, heftig schluchzend,
Zur verzeihenden Mutter hinläuft,
Also lief ich entgegen euch,
Und nun seid ihr mir Lüfte nur!
Jetzt verlässet mich alles!
Oder bin ich dir gestorben,
Du unsterblicher Geist der Natur?
Konnte die weichliche Pein
Jener unseligen Liebe
Dich mir auf ewig entfremden?
Und so verzweifl ich jetzt,
Weil ich mein Herzblut gab
Für einen Schatten?
Wühlt durch die Locken mir,
Ihr Winde!
Verbirg dein Antlitz, freundlicher Himmel,
Mit dieser Wolken beruhigendem Grau!
Laß dichter dein großen Tropfen fallen
Auf diese Gräser, diese Bäum, diesen schwellenden Fluß!
Ach! Dumpfer, schöner Donner,
Wie erquickest du mich!
Laß dichter deine großen Tropfen fallen!
Rolle donnernder durch die Wölbung!
Daß es mich aufregt
Aus dem unerquicklichen
Matten Tod!
Nur daß ich fühl: ich lebe!
Und seh ich einen Wandel, ein Geschäft der Natur!
Die tot mir lag,
Mir Einsamen.
Wie die beneidenswerten
Käfer und Würmchen der Erde,
Die im Gewitter
In ihre heimlichen Wohnungen ducken,
Will ich dann auch in
Meines Herzens Wohnung
Zu kehren meinen,
Mit gleicher ahnungsvoller Freude,
Als fänd ich einen Tropfen Nahrung,
Einen Lebensgedanken;
Dein mahnend Schauspiel schaut ich dann,
Gott, aus ruhigem Winkel,
Und Kräfte, brütend, saugt ich
Zu eignem Tun!
Heile mich, Mutter Natur, ach, an deinem
Lautschlagenden Busen!
Oder gefällt es dir, ja, so sende,
Send aus den Höhen auf meine Stirn
Reine Blitze,
Mein Leben zu scheiden!
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